“Kippen schnippen” – alles andere als cool

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Allein in Deutschland werden jährlich etwa 106 Mrd. Zigaretten geraucht. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) landen 2/3 dieser Zigaretten anschließend auf dem Boden. Damit wären deutsche Raucher für über 70 Mrd. Kippen pro Jahr in der Umwelt verantwortlich – eine gigantische Menge. Und trotzdem ist das „Schnippen von Kippen“ hierzulande noch immer als Kavaliersdelikt weitgehend akzeptiert.
Das allerdings ist aus wissenschaftlicher Sicht nur schwer nachzuvollziehen, enthalten Zigaretten doch über 7000 Schadstoffe enthalten, 50 Substanzen davon nachweislich krebserregend. Und natürlich können diese Stoffe auch Schäden in der Umwelt anrichten. Besonders schädlich sind die als Kippe übrig bleibenden Filter: Durch ihre Funktion, einen Teil der Giftstoffe aus dem Tabakrauch herauszufiltern, konzentrieren sich die Schadstoffe in ihnen – und sobald sie mit Wasser in Berührung kommen, löst sich gerade das Nikotin besonders schnell und leicht.
Doch weit folgenreicher: Die Filter bestehen nicht, wie vielfach angenommen, aus Papier, das schnell verrottet, sondern werden aus Zellulose-Acetat hergestellt – einem Kunstsoff. Eine Zerfaserung und Auflösung dieses Materials kann viele Jahre dauern. Und es neigt dazu, dabei in kleinere Plastikteile zu zerfallen – Mikroplastik.
Was Mikroplastik in der Umwelt anrichten kann, haben die Schülerinnen und Schüler des Projektes „Auf Augenhöhe“ sich nicht nur von ihren Eltern und Lehrern erklären lassen, sondern gemeinsam mit ihren Partnern der Root-Foundation in Ruanda in den vergangenen Jahren selbst erforscht, wofür sie bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurden.

Aber die jungen Forscherinnen und Forscher wollten nicht nur neugierig sein, sondern auch selbst aktiv werden. In Abwandlung des bekannten „Fridays for future“ heißt ihr Slogan „Thursdays for future”, da ihre Arbeit in das Konzept des donnerstags stattfindenden Leben.Lernen.-Bandes am Gymnasium Netphen integriert ist.
Nach dem Vorbild Ruandas, wo es keine Plastiktüten mehr gibt und auch keine Zigarettenkippen auf den Straßen liegen, war und ist es das erste Projektziel, das Gymnasium Netphen „kippenfrei“ zu bekommen und die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren.

Schon im April startete das neugebildete Team der Ruanda AG des Gymnasiums Netphen – bestehend aus 18 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 6 – 9, dabei auch solche des gemeinsamen Lernens, – mit einer ersten Sammelaktion auf dem Schulgelände; nach drei weiteren Terminen konnte Bilanz gezogen werden: Nach 2938 (!) eingesammelten Zigrettenstummeln ist das Schulgelände nun praktisch „kippenfrei“.
Für das zweite Ziel, nämlich die „Ausweitung der Sammelaktionen auf das Zentrum von Netphen“ suchten die Schüler/innen nun im kleinen Netphener Ratssaal das Gespräch mit Bürgermeister Paul Wagener. Das Stadtoberhaupt hörte dem Anliegen der jungen Engagierten aufmerksam zu und versprach, die Schüler/innen in ihrem Anliegen aktiv zu unterstützen. Konkret wurde vereinbart, dass die Stadt prüft, ob das Bußgeld für achtlos in die Umwelt geworfene Kippen erhöht werden kann. Außerdem will das Ordnungsamt „Brennpunkte“ im Stadtgebiet benennen, an denen vermehrt Kippen weggeworfen werden, um hier eine Sammelaktion durch die Schüler/innen durchführen zu können. Darüber sollen Flyer gedruckt und im Stadtgebiet verteilt werden, um so für das Problem zu sensibilisieren. Als „Gegenleistung“ für das Engagement der Gymnasiasten will die Stadt prüfen, ob auf dem Schulgelände des Gymnasiums zusätzliche Aschenbecher aufgestellt werden können.